Literaturgottesdienst
am 18. Juni 2023
Evangelischer Buchpreis 2021 für Iris Wolff
„Die Unschärfe der Welt“
Begründung der Jury
„Was für ein Reichtum begegnet uns in diesem Buch. Es ist Zeitgeschichte, Liebesgeschichte, Familienerzählung in einem. Voller Poesie und philosophisch noch dazu. „Die Unschärfe der Welt“ erzählt vom Leben eines Pfarrers und seiner Familie während der kommunistischen Diktatur in Rumänien. Es gilt, den Alltag mit seinen Freuden und Widrigkeiten zu bewältigen, die Angst vor der Unterdrückung und Verfolgung durch den rumänischen Geheimdienst auszuhalten, Armut und Mangel zu bestehen. Der Roman erzählt zugleich von der Liebe. Wie sie entsteht und wächst, wie sie verloren geht, wie sie sich in der Routine einrichtet, wie sie verraten wird und wie sie auch eine Trennung überdauert. Mit nüchternem Blick und großer Zartheit lässt Iris Wolff uns an den Menschen und ihren Entdeckungen der Liebe teilhaben.
Und es ist die Geschichte einer Familie von Donauschwaben, die beschreibt, wie vier Generationen miteinander verflochten sind, wie sie zusammengehören und doch jeweils ihre eigenen Wege gehen.
Und zwischen all diesen Facetten des Lebens streut die Verfasserin immer wieder feine Beobachtungen ein über die Sprache, das Erzählen von Geschichten, das Erleben der Zeit, das Wachsen im Leben.
Mit kurzen, prägnanten Sätzen leitet die Autorin überraschende Wendungen ein, macht neugierig, nimmt ihre Leserinnen und Leser mit in die Träume der Menschen und ihrer Erinnerungen. Der Blick auf die Welt muss dabei unscharf bleiben. Denn das Wahrnehmen und Verstehen des Geschehens sind nicht eindeutig. Manchmal lässt es sich nur in der Sprache der Poesie metaphorisch beschreiben.
Iris Wolff ist ein Buch gelungen, das einen sehr realistischen Blick auf das Leben wirft. Und das zugleich eine große Liebeserklärung an das Leben ist. Es macht Freude es zu lesen und stimmt hoffnungsfroh.“
Über die Autorin
Iris Wolff wurde 1977 in Hermannstadt/Siebenbürgen geboren und wuchs im Banat und in Siebenbürgen auf. 1985 emigrierte die Familie nach Deutschland. Iris Wolff studierte Germanistik, Religionswissenschaften und Grafik und Malerei in Marburg an der Lahn. Ihre Romane wurden mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Thaddäus-Troll-Preis. Für ihr Gesamtwerk erhielt sie 2019 den Marie-Luise Fleißer- Preis. Iris Wolff lebt als freie Schriftstellerin in Freiburg
Literaturgottesdienst am 16. Juni 2022
„Winterbienen“ von Norbert Scheuer
Begründung der Jury:
Winterbienen haben die Aufgabe, das Bienenvolk über die kalte Jahreszeit zu bringen. Der Protagonist Egidius Arimond beschreibt in seinen Tagebucheinträgen das Leben seiner Bienen im Laufe eines Jahres. „Winterbienen“ erzählt von der Schönheit und Sinnhaftigkeit der Natur. Und vom Jahr 1944. Wir erleben mit Egidius Arimond die letzten Monate des zweiten Weltkriegs in der Welt eines kleinen Eifelstädtchens im Urftland.
Der Bienenzüchter ist ein vorzeitig entlassener Lehrer für Latein und Geschichte, der an Epilepsie leidet und deshalb nicht zum Kriegsdienst eingezogen ist. In der Gemeindebücherei übersetzt er Fragmente eines Vorfahren, der im 15. Jahrhundert auf abenteuerliche Weise aus Tirol in die Eifel gekommen war. Um das Geld für seine nötigen Medikamente zu bekommen, verkauft er nicht nur seinen Honig, sondern hilft jüdischen Flüchtlingen über die belgische Grenze, indem er sie in präparierten Bienenstöcken transportiert.
Norbert Scheuer beschreibt den immer wiederkehrenden Rhythmus der Natur, in dem auch Egidius Arimond innere Ordnung findet. Das Summen der Bienenvölker wird ihm zum Trost und zur Beruhigung angesichts des Grauens eines trostlosen Krieges. Mit „Winterbienen“ ist Norbert Scheuer ein literarisches Meisterstück gelungen, das durch die Vielschichtigkeit seiner Themen beeindruckt, das den Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges deutlich macht und den Menschen in seiner ganzen Ambivalenz zwischen egoistischem Überlebenswillen und mitleidvoller Hilfsbereitschaft zeigt.
Über den Autor: Norbert Scheuer wurde 1951 in Prüm/Eifel geboren, lernte zunächst Elektriker, studierte Physikalische Technik und anschließend Philosophie und hat bis zur Pensionierung als Systemprogrammierer gearbeitet. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, darunter „Überm Rauschen“ und „Die Sprache der Vögel“ und wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis und dem Horst-Konejung-Preis.
Quelle: Eliport
Literaturgottesdienst am 13. Juni 2021
„Der Poet der kleinen Dinge“ von Marie-Sabine Roger
Eine charmante kleine Geschichte über vier Außenseiter die zusammen aufbrechen und das Glück finden.
„Wie viele Menschen abonnieren aus Versehen das Unglück und kündigen dann nie wieder?“ So geht es wohl Alex, Cédric und Olivier. Alle Drei sind auf ihre Art unglücklich. Alex wird von ihrer Bindungsangst ruhelos von Ort zu Ort getrieben. Cédric trauert seiner großen Liebe hinterher und verfällt in Lethargie. Olivier, genannt der Zackenbarsch, hat ein großes Ziel im Leben: Aus leeren Bierdosen einen Staudamm bauen. Doch dann tritt Gèrard in ihr Leben. Gèrard ist stark geistig behindert, kann kaum sprechen oder laufen und strahlt doch eine solche Fröhlichkeit und Lebensfreude aus, daß etwas aufbricht in aller Leben. Zusammen machen sie sich auf und finden das Glück. – Nach ihrem Bestseller „Das Labyrinth der Wörter“ legt Marie-Sabine Roger wieder ein bezauberndes Buch vor. Die Geschichte wird abwechselnd aus Cedrics und AlexÆ Perspektive erzählt, dadurch werden die Charaktere lebendig und plastisch. Die einzelnen Personen werden generell sehr liebevoll und detailreich beschrieben. Ein Buch, das Hoffnung macht und dabei erfreulich frei von Kitsch ist.
[Quelle: Eliport, Maike Linne]
Ein Literaturgottesdienst, der mit viel Frauenpower gestaltet und durchgeführt wurde. Beeindruckend gelesen von Bettina Funk, Bärbel Krauss, Pfarrerin Claudia Buchner und Regina Gündisch.
Die ganz persönlichen Glückmomente
der vielen Besucherinnen und Besucher: